Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung
plant eine umfassende Reform des Betriebsverfassungsgesetzes
1972.
Das
HANDELSBLATT berichtete am Dienstag, 05. Dezember 2000, zum
Vorhaben der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG)
:
Mit
Riesters Gesetzentwurf für ein neues
Betriebsverfassungsgesetz beginnt der Kampf um die
Mitbestimmung
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Macht für Betriebsräte
Arbeitsminister
Riester will die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer
deutlich ausweiten. Die Wirtschaft geht auf
Konfrontationskurs. Auch innerhalb der Regierung sind Riesters
Pläne umstritten.
sm
BERLIN. Der Berliner Koalition droht neues Ungemach: Mit dem
ersten Entwurf für ein neues Betriebsverfassungsgesetz ist
der Kampf um die Ausweitung der Mitbestimmung eröffnet. Die
großen Wirtschaftsverbände haben bereits ihren erbitterten
Widerstand gegen den Entwurf von Bundesarbeitsminister Walter
Riester (SPD) angekündigt. Auch Wirtschaftsminister Werner Müller
(parteilos) kritisiert die Pläne seines
Kabinettskollegen.
Nach
dem Entwurf des Arbeitsministeriums, der dem Handelsblatt
vorliegt, wird die Mitbestimmung deutlich ausgeweitet.
Gleichzeitig sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretungen
aber auch die Möglichkeit erhalten, auf vertraglicher Ebene
abweichend vom Betriebsverfassungsgesetz
Mitbestimmungsstrukturen zu schaffen, die den Belangen der
Beteiligten besser entsprechen.
Die
Bildung von Betriebsräten soll erleichtert, das Wahlverfahren
vereinfacht werden. In Betrieben mit fünf bis 50 Arbeitnehmern
soll der Betriebsrat „bei Wahrung der Grundsätze der
geheimen und unmittelbaren Wahl“ in einer Versammlung gewählt
werden. Arbeiter und Angestellte sollen den Betriebsrat künftig
gemeinsam wählen. Dies gilt auch für die Wahl der
Arbeitnehmervertreter in die Aufsichtsräte von mitbestimmten
Unternehmen. Die speziellen Regelungen für leitende
Angestellte sollen aber erhalten bleiben. Weiter stellt
Riester klar, dass Telearbeiter und Leiharbeitnehmer, die länger
als drei Monate einem Entleiherunternehmen angehören, ein
aktives Wahlrecht zum Betriebsrat haben.
Der
Arbeitsminister will die Rechte der Betriebsräte deutlich stärken.
Dies gilt für Initiativen zur Förderung der Beschäftigung
über das Recht, die Einstellung von neuen Mitarbeitern
verweigern zu können, bis hin zur Mitverantwortung für
Richtlinien zur personellen Auswahl. Zu den Aufgaben des
Betriebsrates soll es auch gehören, die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu fördern. Der Betriebsrat soll auch bei
allen umweltschutzrelevanten Fragen und Untersuchungen vom
Arbeitgeber und von den Umweltbehörden hinzugezogen werden.
Auch der Kampf gegen Rassismus soll Aufgabe von
Unternehmensleitungen und Betriebsräten werden.
Diese
erweiterten Mitbestimmungsrechte will Riester mit einer
Ausweitung der Betriebsratsgremien begleiten. Die Betriebsräte
sollen vergrößert, die Verpflichtung zur Freistellung von
Betriebsratsmitgliedern von der Arbeit im Betrieb soll
erweitert werden. Die Betriebsräte sollen Ausschüsse bilden,
Beteiligungsrechte an Arbeitsgruppen delegieren können. Der
Arbeitgeber muss nach den Plänen Riesters dem Betriebsrat
sachkundige Arbeitnehmer und Sachverständige von außerhalb
des Betriebs zur Unterstützung bezahlen. Riester räumt ein,
dass diese Neuregelung zu finanziellen Mehrbelastungen der
Wirtschaft führen kann. „Demokratie ist nicht
kostenneutral“, heißt es dazu in seinem Entwurf.
Quelle:
HANDELSBLATT, Dienstag, 05. Dezember 2000.