Artikel des Presse- und
Informationsamt der Bundesregierung am 06.02.2001:
Mitbestimmung im
Betrieb
- Die Geschichte des
Betriebsverfassungsgesetzes
Das Betriebsverfassungsgesetz
von 1972 regelt die Zusammenarbeit zwischen
Arbeitgeber, Belegschaft, Betriebsrat, Gewerkschaften und
Vereinigungen der Arbeitgeber:
Die Arbeitnehmervertretung hat Beteiligungsrechte in sozialen,
personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Das Gesetz
gibt aber auch den einzelnen Arbeitnehmern Rechte und schafft
auf diese Weise demokratische Verhältnisse in den Betrieben.
Grundanliegen des Gesetzes ist es, den Betriebsrat und damit
die Belegschaft an den betrieblichen Entscheidungen zu
beteiligen.
Ideen und Experimente
Die beginnende
Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts schaffte
unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen. Erst allmählich
entwickelte sich aus dem Unmut der Arbeitnehmer das
Bewusstsein, gemeinsam stärker zu sein als das stampfende
Hämmern der Maschinen. Die Anfänge der Arbeiterbewegung
entstanden infolge der Revolution 1848/49. Das Bürgertum
versuchte damals, die Arbeiter in die Wirtschafts- und
Gesellschaftsordnung einzubinden. Es dachte an eine
Arbeiterselbstverwaltung im Betrieb unter der Oberaufsicht des
Fabrikherrn. Der Spielraum dieser Selbstverwaltung
beschränkte sich im wesentlichen auf eine Mitgestaltung
sozialer Arbeits- und Lebensbedingungen. Diese Ansätze
blieben jedoch ohne nennenswerte Wirkung, denn von wenigen
Ausnahmen abgesehen, lehnten die Unternehmer derartige
Einschränkungen ihrer Entscheidungsgewalt ab. In einer
Denkschrift des »Centralverbands deutscher Industrieller«
aus dem Jahre 1887 heißt es:
»Der Arbeiter ist nicht der gleichberechtigte Teilhaber des
Arbeitgebers ... er ist dessen Untergebener, dem er Gehorsam
schuldig ist ... die Zwischenschiebung einer regelmäßigen
Instanz zwischen Arbeitgeber und Arbeiter ist
unzulässig.«
Ein erster Schritt zu einer gesetzlichen Umsetzung der
Arbeiterforderungen wurde in der Verfassungsgebenden
Nationalversammlung im Jahre 1848 versucht. Zum ersten Mal
kamen die Probleme der Arbeiter auf parlamentarischer Ebene
zur Sprache. In der Frankfurter Paulskirche wurde über den
Entwurf einer Gewerbeordnung beraten, die unter anderem auch
die Bildung von Fabrikausschüssen mit bestimmten
Mitspracherechten für die Arbeitnehmer vorschreiben sollte.
Diese Diskussion führte zu keinem greifbaren Ergebnis. Nur
vereinzelt kam es in den Folgejahren zur freiwilligen Bildung
von Arbeiterausschüssen mit Anhörungsrechten in sozialen
Angelegenheiten. Ausnahme blieb auch die Entscheidung von
Ernst Abbe, die Firma Zeiss 1889 in eine Stiftung umzuwandeln
und damit die Arbeiter materiell und durch Mitspracherechte am
Unternehmen zu beteiligen.
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Die ersten Gesetze
Durch die Novelle zur
Gewerbeordnung von 1891 wurde erstmals eine gesetzliche
Grundlage für freiwillig gebildete Arbeiterausschüsse
geschaffen. Auch die Novellen des Bayerischen (1900) und des
Preußischen Berggesetzes (1905) waren insoweit Meilensteine,
als in ihnen erstmals gesetzlich festgelegt wurde, dass in
Bergbaubetrieben mit mehr als 20 bzw. 100 Arbeitnehmern
Arbeiterausschüsse gebildet werden mussten. Danach standen
den Arbeitnehmervertretungen Informations- und
Anhörungsrechte in sozialen und personellen Fragen zu. Die
Grenzen waren zwar noch eng gefasst, doch ein Anfang war
gemacht. Allerdings muss festgehalten werden, dass die großen
Arbeitskämpfe in den Jahren 1899 und 1905 viel zu dieser
Entwicklung beigetragen haben. Den nächsten Eckpfeiler in der
Geschichte der Mitbestimmung stellte das Gesetz über den
Vaterländischen Hilfsdienst aus dem Kriegsjahr 1916 dar. Es
sah unter anderem vor, dass in kriegswichtigen gewerblichen
Betrieben mit mehr als 50 Arbeitern Arbeiterausschüsse und
bei mehr als 50 Angestellten Angestelltenausschüsse gebildet
werden mussten. Die Rechte dieser Ausschüsse beschränkten
sich im wesentlichen auf Anhörungsrechte in sozialen
Angelegenheiten. Das Gesetz sah jedoch schon die Anrufung
eines Gerichts oder einer Schlichtungsstelle im Falle der
Nichteinigung vor. Von Mitbestimmung im Sinne von
Mitentscheidung konnte jedoch noch nicht die Rede sein.
Ausbau der Mitbestimmung
Der 1. Weltkrieg hat nicht nur
die politische Weltkarte verändert. Er hat auch den Umbruch
gesellschaftlicher Strukturen mitverursacht. 1919 anerkannte
die Weimarer Verfassung in Artikel 165 die Arbeiterräte:
»Die Arbeiter und Angestellten sind dazu berufen,
gleichberechtigt in Gemeinschaft mit den Unternehmern an der
Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie an der
gesamten wirtschaftlichen Entwicklung der produktiven Kräfte
mitzuwirken.«
Daraufhin wurden in schneller Folge jene Gesetze
verabschiedet, die den Arbeitnehmern betriebliche und - in
beschränktem Umfang - auch wirtschaftliche
Mitbestimmungsrechte einräumten. Das Betriebsrätegesetz vom
4. Februar 1920 brachte den Durchbruch zu einer
Betriebsverfassung im heutigen Sinne. In Betrieben und
Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts mit mehr
als 20 Arbeitnehmern mussten Betriebsräte errichtet werden,
die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in zahlreichen
sozialen und personellen Angelegenheiten erhielten. Im
einzelnen sah das Gesetz ein volles Mitbestimmungsrecht bei
der Schaffung von Arbeitsordnungen vor, auf personellem und
wirtschaftlichem Gebiet enthielt es unterschiedliche
Mitwirkungsrechte. Gleichzeitig kündigte es den ersten
Schritt in Richtung Unternehmensmitbestimmung in den
Aufsichtsräten an. Dieser wurde 1922 per Gesetz vollzogen,
das die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in die
Aufsichtsräte der Kapitalgesellschaften vorschrieb. Zwei
Betriebsratsmitglieder, in kleineren Betrieben nur ein
Mitglied, waren in den Aufsichtsrat zu entsenden und hatten
dort volles Stimmrecht. Zu dieser Zeit wurde vor allem in den
Gewerkschaften die Diskussion über Fragen der
Wirtschaftsdemokratie vertieft. 1928 legten sie ein Konzept
vor, in dem sie forderten:
»Die Demokratisierung der Wirtschaft bedeutet die
schrittweise Beseitigung der Herrschaft, die sich auf dem
Kapitalbesitz aufbaut, und die Umwandlung der leitenden Organe
der Wirtschaft aus Organen der kapitalistischen Interessen in
solche der Allgemeinheit.«
Das vorläufige Ende - 1933
Diese ersten Ansätze von
Mitbestimmung endeten kurz nach der Machtübernahme durch das
nationalsozialistische Regime. Das »Führungsprinzip« hielt
auch in der Wirtschaft Einzug. Das Gesetz zur Ordnung der
nationalen Arbeit aus dem Jahre 1934 unterbrach die
demokratische Entwicklung und ersetzte sie durch eine
totalitäre Regelung, die keine Betriebsräte und keine
Arbeitnehmerbeteiligung in den Aufsichtsräten kannte. An die
Stelle der Mitbestimmung trat wieder die Alleinherrschaft des
Unternehmers.
1945 - Ein neuer Anfang zu
einer neuen Ordnung
Mit dem Ende der
Hitler-Diktatur und dem totalen Zusammenbruch von Wirtschaft
und Gesellschaft kam die Stunde des Neuaufbaus der Wirtschaft.
Die Alliierten waren sich darin einig, dass die bisherigen
wirtschaftlichen Machtstrukturen zerschlagen und durch eine
reformierte, demokratisch organisierte politische
Ordnung und eine umgestaltete Wirtschaftsordnung ersetzt
werden müssten. Für die Gewerkschaften waren die materiellen
und ideellen Trümmer Anlass, die Zersplitterung der
Gewerkschaftsbewegung in politisch-weltanschauliche
Richtungsgewerkschaften zu überwinden. Der Gedanke der
Einheitsgewerkschaft wurde geboren. Die »neuen«
Gewerkschaften organisierten sich durchweg nicht mehr nach dem
berufsständischen, sondern nach dem Industrieverbandsprinzip.
Zunächst war es erste und ständige Aufgabe der
Gewerkschaften, sich für den Aufbau und die Festigung einer
demokratischen und freiheitlichen Staats- und
Gesellschaftsordnung einzusetzen. Neben den drängenden
materiellen Grundfragen, dem Wiederaufbau von Wohnungen und
Betriebsstätten sowie der Nahrungsmittelversorgung, griff man
die Pläne zur Neuordnung der Wirtschaft auf. Zu jener Zeit
waren wirtschaftsdemokratische Überlegungen quasi
Allgemeingut. Man fand sie in den meisten politischen
Parteien, auch die Kirchen standen hinter solchen Forderungen.
Selbst Unternehmer an Rhein und Ruhr signalisierten, dass sie
bereit seien, die Arbeitnehmer der Grundstoff-Industrien an
der Unternehmensführung zu beteiligen. Das Kontrollratsgesetz
Nr. 22 vom 10. April 1946, das sich am Betriebsrätegesetz aus
dem Jahre 1920 orientierte, setzte einheitliche Maßstäbe zur
Bildung und Tätigkeit von Betriebsräten fest. Im gleichen
Jahr erhoben die Gewerkschaften die Forderung nach Vertretung
der Arbeitnehmer in den Vorständen und Aufsichtsräten der
von der Besatzungsmacht beschlagnahmten und zur Entflechtung
bestimmten Ruhrkonzerne. Diese Forderung wurde im Laufe des
Jahres auf alle Wirtschaftszweige ausgedehnt. Sie stieß auch
bei Unternehmern auf Resonanz, weil sie mit Hilfe der
Gewerkschaften die befürchtete dauerhafte ausländische
Kontrolle über die Montanindustrie abzuwehren hofften:
»Wir wollen uns den Forderungen einer neuen Zeit nicht
verschließen und stimmen einer Beteiligung auch der
Arbeitnehmerschaft an der Planung und Lenkung sowie an den
Aufsichtsorganen für die großen Erwerbsgesellschaften der
Eisen- und Stahlindustrie voll und ganz zu.«
Dieser Brief der Stahl-Industriellen Reusch
(Gutehoffnungshütte AG), Jarres (Klöckner Werke AG) und
Hehemann (Otto Wolff) vom 21. Januar 1947 an das
Verwaltungsamt für Wirtschaft machte eine Vereinbarung
zwischen der Treuhandverwaltung für die Werke der eisen- und
stahlerzeugenden Industrie in der britischen Besatzungszone
und den Gewerkschaften möglich. Auf Vertragsbasis schaffte
sie die Grundlagen der paritätischen Mitbestimmung in den
Aufsichtsräten. Zum ersten Mal wurde damit eine
gleichgewichtige Unternehmensmitbestimmung verwirklicht. So
erhielt schon Anfang 1947 die neugegründete Hüttenwerke
Hagen-Haspe AG einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat und
einen Arbeitsdirektor im Vorstand. Andere Unternehmen folgten
diesem Beispiel. Im Vorfeld der bundesdeutschen gesetzlichen
Regelung der Mitbestimmung im Jahre 1951 kam es zu harten
Auseinandersetzungen. Nachdem sich in Urabstimmungen über 90
Prozent der Arbeitnehmer in Montanbetrieben für einen Streik
zur Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen
aussprachen, wurden die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften
und Unternehmern neu aufgenommen, aber wiederholt
unterbrochen. Als sich die Situation zuspitzte, schaltete sich
der damalige Bundeskanzler in die Gespräche ein. Am 25.
Januar 1951 kam die Einigung zustande. Am 10. April 1951
verabschiedete der Bundestag in dritter Lesung mit großer
Mehrheit gegen die Stimmen von etwa 50 Abgeordneten das
»Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den
Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des
Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie«. Das
»Montan-Mitbestimmungsgesetz« trat am 7. Juni 1951 in Kraft.
Das Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 und das
Bundespersonalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 rundeten
mit der Regelung der betrieblichen Mitbestimmung die
Gesetzgebung zur Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Betrieb und
Unternehmen zunächst ab. Das Betriebsverfassungsgesetz von
1952 enthält auch Vorschriften zur unternehmerischen
Mitbestimmung und gilt in diesem Teil noch heute. Es gibt den
Arbeitnehmern außerhalb der Montanindustrie unter bestimmten
Voraussetzungen das Recht, Vertreter in die Aufsichtsräte zu
entsenden. Im Vergleich zum Montan-Mitbestimmungsgesetz ist
das Betriebsverfassungsgesetz 1952 auf eine weit größere
Zahl von Unternehmen anzuwenden, weil es alle übrigen
Wirtschaftszweige erfasst. Allerdings haben die Arbeitnehmer
nach diesem Modell die geringsten Durchsetzungsmöglichkeiten,
da es ihnen nur ein Drittel der Aufsichtsratsmandate
einräumt.
Die weitere Entwicklung
Als sich in den 50er Jahren die
Montanunternehmen wieder zu größeren Konzernen mit mehreren
Konzerntöchtern verflochten, entschloss sich der Gesetzgeber,
die Regelungen des Montan-Mitbestimmungsgesetzes auch auf
Konzerne zu übertragen, die selbst keine Montanproduktion
betrieben, aber Montan-Unternehmen beherrschten. Dieses
»Mitbestimmungsergänzungsgesetz« erstreckte 1956 die
Montan-Mitbestimmung auf solche Konzernobergesellschaften, bei
denen die Montan-Töchter mindestens 50 Prozent der
Wertschöpfung des Konzerns erwirtschaften. 1967 und 1971
mussten Sicherungsgesetze erlassen werden, die das Ausscheiden
aus der Montan-Mitbestimmung durch Produktionsänderung oder
Umstellung der Unternehmensstruktur verzögerten. Zwanzig
Jahre nach Inkrafttreten des Betriebsverfassungsgesetzes war
eine gründliche Überarbeitung fällig. Es hatte sich zwar
zunächst imgroßen und ganzen bewährt, entsprach aber
zuletzt nicht mehr den veränderten wirtschaftlichen und
sozialen Verhältnissen. Die Neufassung des Jahres 1972
brachte wesentliche Verbesserungen bei den Beteiligungsrechten
des Betriebsrats in sozialen, personellen und wirtschaftlichen
Angelegenheiten. Es stärkte zwar die betriebliche
Mitbestimmung, klammerte jedoch die unternehmerische aus, da
die entsprechenden Gesetzespassagen des '52er-Gesetzes
bestehen blieben und weiterhin fortgalten. Die
Mitbestimmungsdiskussion war damit aber nicht erledigt. Im
Gegenteil. In den folgenden Jahren wurde hart um eine
Weiterentwicklung der unternehmerischen Mitbestimmung
gerungen. Die Gewerkschaften waren nach wie vor dafür, das
Montan-Modell auf alle Wirtschaftsbereiche zu übertragen,
zumal auch in einem Regierungs-Gutachten festgestellt
wurde, dass sich das Gesetz im betrieblichen Alltag bewährt
hatte. Was dann am 18. März 1976 bei nur 22 Gegenstimmen als
»Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer«
verabschiedet wurde, fand weder den Beifall der Arbeitnehmer
noch der Arbeitgeber. Den Gewerkschaften ging das Gesetz nicht
weit genug. Sie vermissten in wichtigen Punkten
gleichgewichtige und gleichberechtigte Mitbestimmung. Die
Arbeitgeberverbände wiederum erklärten, dass das Gesetz das
Gleichgewicht nachhaltig zu Lasten der unternehmerischen
Freiheit verschiebe. Ein Jahr später klagten sie vor dem
Bundesverfassungsgericht. Das höchste deutsche Gericht
bestätigte 1979 nicht nur die Verfassungsmäßigkeit des
Gesetzes, sondern auch das Mitbestimmungs-Prinzip an sich.
1981 musste sich der Gesetzgeber wieder mit der
Montan-Mitbestimmung beschäftigen. Da aufgrund
wirtschaftlicher und struktureller Veränderungen wichtige,
bis dahin montanmitbestimmte Unternehmen die gesetzlichen
Anwendungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllten, sah sich das
Parlament veranlasst, eine Übergangsregelung in Kraft zu
setzen, wonach die Montan-Mitbestimmung noch für sechs Jahre
angewendet werden musste, wenn die Voraussetzungen weggefallen
waren. Dieses »Provisorium« wurde 1989 durch das »Gesetz
zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung« ersetzt. Es schreibt
vor, dass montanmitbestimmte Konzernobergesellschaften die
Montan-Mitbestimmung auch nach dem Wegfall der gesetzlichen
Anwendungsvoraussetzungen beibehalten müssen, solange der
Wertschöpfungsanteil der Montan-Töchter mindestens 20
Prozent beträgt oder diese Unternehmen zusammen mehr als 2000
Arbeitnehmer beschäftigen.
Das Gesetz zur Beibehaltung der
Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und bei der
Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften
verschiedener Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft
betreffen (Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz), enthält die
mitbestimmungsrechtliche Flankierung der steuerlichen
EG-Fusions-Richtlinie. Danach werden bestimmte
grenzüberschreitende Vorgänge (Betriebsveräußerungen und
Anteilsaustausch) von bis dahin bestehenden steuerlichen
Belastungen befreit. Wegen der Gefahr, dass durch diese
grenzüberschreitenden Unternehmensbewegungen die
bundesdeutsche Mitbestimmung ausgehöhlt wird, sieht das
Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz folgendes vor:
1. Soweit die steuerlich erleichterten grenzüberschreitenden
Vorgänge (z. B. Betriebsübertragung) in einem deutschen
Unternehmen den Wegfall des bisher bei ihm bestehenden
Mitbestimmungsstatus zur Folge hätten, sollen diese Vorgänge
für die weitere Anwendbarkeit dieses Mitbestimmungsstatus
außer Betracht bleiben (mitbestimmungsrechtliche Fiktion).
2. Wollen Unternehmen diese mitbestimmungsrechtliche
Konsequenz nicht tragen, so können sie statt dessen auf die
steuerliche Erleichterung verzichten. Mit dem Gesetz für
kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des
Aktiengesetzes werden Aktiengesellschaften mit weniger als 500
Arbeitnehmern, die neu gegründet oder aus anderen
Rechtsformen umgewandelt werden, von der Drittelbeteiligung
der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat freigestellt. Damit wird die
kleine Aktiengesellschaft der GmbH gleicher Größe
(Beschäftigtenzahl) gleichgestellt. Es ist kaum damit zu
rechnen, dass dies zu Mitbestimmungsverlusten führen
wird, da vor allem - schon bisher mitbestimmungsfreie - GmbH's
den Zugang zu der neuen Rechtsform und damit zum Kapitalmarkt
suchen werden.
Quelle: Bundesministerium
für Arbeit und Sozialordnung 1999
<http://www.bma.bund.de>