Gesetzliche Neuregelungen zum 1. April 2004:
1. Neuregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung
2. Sozialhilfe im Ausland wird die Ausnahme
3. Neue Regeln für die Kennzeichnung gentechnisch
veränderter Lebensmittel
4. Neuregelungen im Bußgeldkatalog
5. Verschärfung der Vorschriften gegen sexuellen Missbrauch
6. Neue Arzneimittelrichtlinie zur Verordnungsfähigkeit
nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel (OTC)
1. Neuregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung
Neuregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung tragen
dazu bei, den Beitragssatz in der gesetzlichen
Rentenversicherung stabil bei 19,5 Prozent zu halten. Folgendes
ändert sich ab dem 1. April 2004:
1.1 Voller Pflegeversicherungsbeitrag für Rentnerinnen und
Rentner
Künftig bezahlen Rentnerinnen und Rentner den
vollen Beitrag zur Pflegeversicherung in Höhe von 1,7 Prozent,
statt - wie bisher - nur die Hälfte. Das bedeutet
zum Beispiel, dass sich bei einer Bruttorente von
monatlich 800,- Euro der Pflegebeitrag von 6,80 Euro auf
13,60 Euro erhöht. Bei Rentnerinnen und Rentnern, die Leistungen
der bedarfsorientierten Grundsicherung erhalten, ändert sich
dagegen nichts: Die Grundsicherung gleicht den höheren
Pflegeversicherungsbeitrag aus.
1.2 Schnellere Weitergabe von Beitragsänderungen der
Krankenkassen an die Renterinnen und Rentner
Senkt oder erhöht eine Krankenkasse die Beiträge, wirkt sich
dies bereits drei Monate später bei den Renten aus. Bisher
wurden die Änderungen erst nach sechs Monaten wirksam. Bereits
zum 1. April werden vier bis fünf Millionen Rentnerinnen
und Rentner von den Senkungen der Krankenkassenbeiträge zum 1.
Januar 2004 profitieren können. Bis zum Sommer dieses Jahres
werden dann insgesamt rund sieben Millionen Rentnerinnen und
Rentner in den Genuss sinkender Krankenkassenbeiträge kommen.
Mittelfristig werden alle Rentenbezieher von den Entlastungen
profitieren.
1.3 Rentenauszahlung einen Bankarbeitstag später
Ebenfalls ab 1. April 2004 werden die Renten an alle
bisherigen Rentnerinnen und Rentner am letzten Bankarbeitstag
des Vormonats ausgezahlt, statt wie bisher am vorletzten. Da
laufende Kosten (wie z.B. Miete) im Regelfall erst Anfang des
Monats fällig werden, entstehen durch die nur um einen Tag
verschobene Auszahlung keine Nachteile für die Rentenbezieher.
Die Banken sind ausdrücklich dazu verpflichtet, die
Rentenzahlung an dem Tag gutzuschreiben, an dem sie die dafür
benötigten Gelder vom Rentenversicherungsträger erhalten.
1.4 Neurentnerinnen und Neurentner erhalten ihre Rente am
Monatsende
Neurentnerinnen und Neurentner, die von April 2004 an
in Rente gehen, erhalten die erste Zahlung ihrer Rente zum
Monatsende. Damit erfolgt eine Angleichung an die übliche
Auszahlungspraxis im Erwerbsleben und beim Bezug von
Arbeitslosen- oder Krankengeld. In der Regel wird auch das
Gehalt und das Arbeitslosen- oder Krankengeld am Monatsende
überwiesen. Für alle bisherigen Rentnerinnen und Rentner bleibt
es bei der Rentenzahlung zum Monatsbeginn.
2. Sozialhilfe im Ausland wird die Ausnahme
Zum 1. April werden verschärfte Regelungen zum Bezug von
Sozialhilfe für Deutsche im Ausland wirksam. Ein entsprechendes
Gesetz trat mit dreimonatiger Übergangsfrist am 1. Januar 2004
in Kraft. Für Deutsche, die sich im Ausland aufhalten, bedeutet
dies, dass sie im Falle der Bedürftigkeit Sozialhilfe nur dann
erhalten, wenn sie nach Deutschland zurückkehren. Ansonsten
werden die Zahlungen eingestellt. Lediglich drei Ausnahmefälle
sind vorgesehen, in denen eine Rückkehr nach Deutschland nicht
zumutbar ist und deshalb Sozialhilfe aus Gründen der
Fürsorgepflicht im Ausland gezahlt wird. Weiteren
Ausnahmeregelungen durch Gerichtsentscheidungen ist damit
künftig der Weg versperrt. Die drei Ausnahmeregelungen betreffen
* Menschen, die schwer pflegebedürftig sind und stationär
behandelt oder gepflegt werden, * Menschen, die im Ausland
inhaftiert sind, manchmal unverschuldet, und denen
Lebensmittel oder Medikamente zur Verfügung gestellt werden
müssen, * Mütter oder Väter, deren Kinder aus rechtlichen
Gründen nicht nach Deutschland kommen können und die um diese
Kinder kämpfen. Für ehemalige Verfolgte des NS-Regimes, die seit
vielen Jahren im Ausland leben und die mehrheitlich über 70
Jahre alt sind, wird sich durch die Neuregelung nichts ändern.
Sie erhalten auch weiterhin Sozialhilfe.
3. Neue Regeln für die Kennzeichnung gentechnisch veränderter
Lebensmittel
Ab dem 18. April 2004 gelten in allen EU-Ländern neue
Vorschriften zur Kennzeichnung gentechnisch veränderter
Lebensmittel. Unabhängig davon, ob gentechnisch veränderte
Bestandteile im Endprodukt nachgewiesen werden können, müssen
Lebensmittel (und Futtermittel), die solche Bestandteile
enthalten, aus ihnen bestehen oder hergestellt wurden, kenntlich
gemacht werden. Auch Produkte, die nach bisherigem Recht nicht
gekennzeichnet werden mussten, unterliegen nun der
Kennzeichnungspflicht. Die gilt z.B. für aus gentechnisch
veränderten Organismen (Pflanzen) hergestellte Pflanzenöle.
Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten damit die
Wahlfreiheit, sich für oder gegen gentechnisch veränderte
Produkte zu entscheiden. Keine Kennzeichnungspflicht besteht für
Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten
Futtermitteln gefüttert wurden. Auch Lebensmittel oder
Lebensmittelzutaten, die zufällige oder technisch unvermeidbare
Spuren von gentechnisch veränderten Organismen oder daraus
hergestelltem Material bis zu einem Anteil von höchstens 0,9%
enthalten, müssen nicht gekennzeichnet werden. Verstöße gegen
die Vorschriften zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten
Lebensmitteln können mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro
belegt werden.
4. Neuregelungen im Bußgeldkatalog
Die Neuregelungen im Bußgeldkatalog zum 1. April 2004 erhöhen
die Sicherheit im Straßenverkehr:
So werden im LKW-Verkehr zum Beispiel zu lang andauernde
Überholvorgänge, unzureichende Ladungssicherheit und das
Versäumen der vorgeschriebenen Fahrzeuguntersuchungen streng
geahndet. In Reisebussen müssen vorhandene Gurte zukünftig auch
angelegt werden. Ansonsten droht ein Verwarnungsgeld von 30
Euro. Der Busfahrer ist verpflichtet, die Reisenden auf die
Anschnallpflicht aufmerksam zu machen. Außerdem wird das
Telefonieren per Handy im Auto ohne Freisprechanlage jetzt mit
einer Buße von 40 Euro - statt bisher 30 Euro - geahndet. Wer
beim Fahrradfahren per Handy telefoniert, muss mit einer Buße 25
Euro - statt bisher 15 Euro - rechnen. Werden Rettungsfahrzeuge
durch rechtswidriges Parken, zum Beispiel in
Engstellen, behindert, kann dies mit 40 Euro Bußgeld und einem
Punkt belegt werden. Wer falsch in einen Kreisverkehr einfährt,
muss mit einem Verwarnungsgeld von 20 Euro rechnen.
5. Verschärfung der Vorschriften gegen sexuellen Missbrauch
Mit den Neuregelungen setzt die Bundesregierung ein wichtiges
Signal für die wirkungsvolle Bekämpfung von sexueller Gewalt an
Kindern, Jugendlichen und behinderten Menschen. Der
strafrechtliche Schutz dieser Personengruppen gegen sexuellen
Missbrauch wird verbessert, indem Schutzlücken geschlossen und
Strafen verschärft werden. Bestehende ungleiche strafrechtliche
Wertungen beim sexuellen Missbrauch widerstandsunfähiger
Personen werden aufgehoben. Zudem kann künftig bei jeder
Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung eine DNA-Analyse
und -Speicherung angeordnet werden. Auch der Austausch von
kinderpornographischen Darstellungen im Internet wird schärfer
sanktioniert. Künftig kann dies mit Freiheitsstrafe bis zu 5
Jahren geahndet werden. Der Grund: Wer solche Fotos tauscht,
setzt den Anreiz dafür, dass kinderpornographisches Material
produziert wird. Deshalb soll jeder unnachgiebig verfolgt und
hart bestraft werden, der entsprechende Fotos besorgt.
6. Neue Arzneimittelrichtlinie zur Verordnungsfähigkeit nicht
verschreibungspflichtiger Arzneimittel (OTC)
Mit der neuen Arzneimittelrichtlinie werden klare Vorgaben
für die Verordnung von OTC-Präparaten bei schwerwiegenden
Erkrankungen gegeben. Die notwendige Arzneimitteltherapie wird
weiterhin von den Krankenkassen bezahlt, wenn sie bei schweren
Erkrankungen medizinischer Standard ist. Die Richtlinie trägt
damit der Therapievielfalt Rechnung, da bei schwerwiegenden
Erkrankungen nun auch weiterhin anthroposophische und
homöopathische Arzneimittel verordnet werden können.
Voraussetzung hierfür ist, dass das verordnete Mittel nach dem
Erkenntnisstand der jeweiligen Therapierichtung Therapiestandard
ist.