Das
HANDELSBLATT berichtete am Mittwoch, den 20. Dezember 2000:
Zwang
zum Meisterbrief soll gelockert werden
Reuters
BERLIN. In Deutschland sollen mehr Handwerker als bisher ohne
Meisterbrief einen Betrieb führen dürfen.
Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und
Handwerkspräsident Dieter Philipp gaben am Mittwoch eine
Reihe von Ausnahmen vom Zwang zur Meisterprüfung bekannt. So
sollen Gesellen mit 20-jähriger Berufserfahrung oder
Handwerker über 47 Jahre auch ohne den Meisterbrief an der
Spitze eines Betriebes stehen könne. Auch wenn sich eine günstige
Gelegenheit zur Übernahme einer Firma ergeben, könne zunächst
auf die Prüfung verzichtet werden. Ziel der Neuregelungen sei
es, die Zahl der Selbstständigen im Handwerk zu erhöhen,
sagte Müller.
Der
Bundeswirtschaftsminister wies darauf hin, dass Deutschland in
Europa mit der Meisterprüfung als Voraussetzung für den
Berufszugang praktisch allein stehe. Daher müsse man
aufpassen, dass das Thema nicht zum Sprengsatz für die Prüfung
werde. Müller kritisierte, dass die Handwerksordnung in der
Vergangenheit zu eng ausgelegt wurde. Eine Reihe von
Verfassungsklagen vor dem Hintergrund gleicher Chancen beim
Berufszugang belegten dies. Hier seien die Bundesländer
gefordert, die Verantwortung für die Umsetzung der
Handwerksordnung trügen.
Zwischen
Wirtschaftsministerium sowie dem Zentralverband des Deutschen
Handwerks (ZDH) hatte es in der Vergangenheit Streit über den
Meisterbrief gegeben. Der ZDH hatte eine Aushöhlung des
Meisterbriefs befürchtet.
Müller
sagte, eine Meisterprüfung sei etwa unzumutbar, wenn dem
Handwerker die Arbeitslosigkeit drohe, da ein Betriebsteil aus
dem Unternehmen ausgegliedert werde. Auch wer eine Spezialtätigkeit
in einem Betrieb ausübe, müsse als Selbstständiger keinen
Meisterbrief haben.
In
jedem Ausnahmefall müsse der Handwerker aber seine
Qualifikation nachweisen, forderte ZDH-Präsident Dieter
Philipp. Dies sei aber unbürokratisch vor der örtlichen
Handwerkskammer möglich. Nach seinen Worten legen in
Deutschland jährlich zwischen 35 000 und 38 000
Gesellen eine Meisterprüfung ab.
Quelle:
HANDELSBLATT, Mittwoch, 20. Dezember 2000