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Pressemitteilung vom 13. März 2000

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Erwin Staudt (Vorsitzende des Vorstandes der Initiative D21) im Anschluss an das Gespräch des Bundeskanzlers mit dem Vorstand und dem Beirat der Initiative D21 über das Thema "Deckung des IT-Fachkräftebedarfs in Deutschland"

 

Bundeskanzler G. Schröder: Guten Abend, meine Damen und Herren! Wir hatten heute die Sitzung des Beirates der D21-Initiative ."D21" ist die Beschreibung dessen, was wir im 21. Jahrhundert vorhaben, nämlich Deutschland zu einem Land zu machen, das in den Informations- und Kommunikationstechnologien wirklich führend ist. Die Initiative D21 - bestehend aus inzwischen mehr als 100 Unternehmen der Branche - hat sich mit der Bundesregierung, aber auch mit wichtigen Verbänden der Wirtschaft in Deutschland zusammengetan, um dieses Ziel zu realisieren.

Das aktuelle Problem ist, dass wir in einer Situation sind, wo die Chancen auf diesen enormen Wachstumsmärkten - und die Informations- und Kommunikationstechnologien sind gegenwärtig und in der nächsten Zukunft der Wachstumsmarkt - jetzt verteilt werden und wo jetzt alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um diese Chancen zu nutzen. Da das im Wesentlichen Arbeitsplätze sind, die auf Wissen und auf speziellen Kenntnissen basieren, müssen wir das Problem lösen, dass von der Politik, aber auch von den Unternehmen in der Vergangenheit keine zureichenden Anstrengungen gemacht worden sind, um den Arbeitskräftebedarf in diesem Bereich zu befriedigen. Diese Anstrengungen, die - ich sage das; Sie werden mir das nachsehen - von der Vorgängerregierung unterlassen worden sind, müssen wir jetzt nachholen. Wir tun das.

Wir tun das auf zweierlei Weise: Zum einen wird die Bundesanstalt für Arbeit jährlich nicht 1 Milliarde DM, sondern 1,2 Milliarden DM investieren, um die Aus- und Weiterbildung derjenigen Menschen zu ermöglichen, die in diesem Bereich arbeiten und qualifiziert werden können. Das ist eine ganz wichtige Säule dessen, was wir vorhaben. Wir wollen unseren Menschen, die Arbeit suchen und die wir qualifizieren können, eine Chance geben, in diesem Bereich zukunftsträchtige Arbeitsplätze zu finden.

Das Zweite - das haben wir mit der Wirtschaft vereinbart - ist zum Teil schon realisiert, zum Teil wird es realisiert werden. Als wir begannen - vor nicht ganz eineinhalb Jahren - hatten wir in diesem Bereich 13 000 Ausbildungsplätze. Inzwischen haben wir durch gemeinsame Anstrengungen - da muss ich die Wirtschaft in diesem Bereich ausdrücklich loben - 30 000 Ausbildungsplätze. Wir werden am Ende dieses Jahres - an sich wollten wir das erst bis 2003 schaffen - 40 000 Ausbildungsplätze in diesem Bereich haben. Wir werden also dafür gesorgt haben, dass wir die Arbeitskräfte, die wir brauchen, in Deutschland selber hervorbringen. Damit geben wir unseren jungen Leuten eine Chance.

Wir haben heute vereinbart, dass die Industrie in diesem Bereich bis zum Jahre 2003 noch einmal 20 000 Ausbildungsplätze drauflegt. Es gab Stimmen, die sagten, dass man das schon bis Ende 2002 schaffen könne. Wir werden sehen. Wir wollen uns bemühen, aber auch nicht zu viel versprechen. Wir werden in diesem Bereich innerhalb von nicht einmal vier Jahren statt 13 000 Ausbildungsplätzen dann 60 000 Ausbildungsplätze haben. Das ist ein gelungenes Beispiel für das, was man "Public-Private-Partnership" nennt, also Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft. Das sind die Anstrengungen, die wir vorhaben.

Wir wissen jedoch, dass wir kurzfristig Engpässe in diesem Bereich schließen müssen. Deswegen haben wir vereinbart, dass wir zur Deckung dieses kurzfristigen, durch Weiterbildung und Ausbildung nicht zu deckenden Bedarfs Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse für 20 000 Spitzenkräfte in diesem Bereich erteilen werden. Die notwendigen Verordnungen können binnen drei bis vier Monaten auf dem Tisch liegen bzw. in Kraft gesetzt werden. Für die Arbeitserlaubnis können wir das alleine regeln. Für die Aufenthaltserlaubnisse brauchen wir den Bundesrat, aber ich bin zuversichtlich, dass sich dem dort niemand entziehen wird. Diese 20 000 Spitzenkräfte - das sage ich noch einmal - werden wir zur Deckung eines kurzfristigen Arbeitskräftebedarfs nach Deutschland hereinlassen, weil wir den Bedarf aus eigenen Mitteln und mit unseren Menschen nur mittelfristig werden decken können.

Das ist ein Modell, das aus zwei Säulen besteht: kurzfristige Deckung durch Anwerbung von Spitzenkräften aus dem Ausland und mittel- und langfristige Deckung durch Qualifizierung und eine wirkliche Ausbildungsoffensive, die auch an den Universitäten Früchte tragen muss.

Das sind die Beschlüsse, die wir heute gefasst haben und die die Bundesregierung unverzüglich und sehr, sehr schnell in die Tat umsetzen wird.

E. Staudt: Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Wir, die Initiative D21, sowie der Industrieverband Bitcom begrüßen nachhaltig, dass aus der von Herrn Bundeskanzler bei der Cebit-Eröffnung gemachten Ankündigung konkrete Politik geworden ist. Wir haben das gerade nachhaltig durch unseren Beirat getragen bekommen, mit dem wir gesprochen haben.

Es ist eine stringente Notwendigkeit zum Handeln gegeben. Die Statistiken, die wir immer wieder vorgehalten bekommen, sind genauso aussagefähig wie das Lesen im Kaffeesatz. Wir haben im IT-Bereich offiziell nur 13 000 offene Stellen gegenüber 31 000 arbeitslosen IT-Fachkräften. Das spiegelt nicht die Realität am Arbeitsmarkt wider. Tatsächlich wurden 1999 in Deutschland 37 000 zusätzliche Jobs geschaffen. Wir reden hier von dem am schnellsten wachsenden Industriebereich schlechthin. Wir wachsen mindestens fünf Mal so schnell wie das Bruttoinlandsprodukt. Hier entstehen Jobs; woanders entstehen keine Jobs. Weltweit entstehen im IT-Bereich in jedem Jahr 600 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Deshalb muss es unser Ziel sein, jetzt die Lücken zu schließen, damit keine Arbeitskräfte nach außen abwandern und wir die anspruchsvollen Aufgaben hier im Lande halten können.

Wir haben einen großen Bedarf an IT-Fachleuten, den wir nur zu einem knappen Drittel aus eigenen Ausbildungskapazitäten schließen können. Deshalb ist die Aktivität, die wir heute beschlossen haben und die der Herr Bundeskanzler gerade bekannt gegeben hat, mehr als notwendig. Sie ist zwingend wichtig. Wir müssen das heute tun, denn wir müssen in einem Generationenvertrag heute die Weichen stellen, um einen möglichst großen Anteil an diesem Potenzial, das sichtbar ist, für Deutschland hereinzunehmen und so die Weichen für die Zukunft unserer kommenden Generationen zu stellen.

Wir decken damit den kurzfristigen Bedarf. Langfristig können wir unser Problem nur durch zusätzliche Ausbildungskapazitäten lösen. Wir wissen, dass wir als Wirtschaft gefordert sind, dass aber auch der Staat mit seinen Kapazitäten an den Universitäten, an den Fachhochschulen oder - was wir heute besprochen haben - beispielsweise durch die Erweiterung eines dualen Ausbildungssystems, wie wir es in Baden-Württemberg schon seit Jahren erfolgreich praktizieren, wie die Berufsakademie, (gefordert ist).

Wir als Initiative und als Verband Bitcom wollen diese Anstrengungen unterstützen. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung in Vorlage gegangen ist und den richtigen Weg eingeschlagen hat. Wir sind der festen überzeugung, dass wir aus den Erfahrungen, die wir jetzt gewinnen werden, wesentliche Schlüsse für unser zukünftiges Handel ziehen können.

Frage: In welchem Zeitraum sollen die Leute kommen? Von wo sollen sie kommen? Reichen die 20 000 aus, denn es ist ja von 75 000 bis 100 000 Fehlenden die Rede. Was ist denn mit den Restlichen?

Bundeskanzler G. Schröder: über die Zeiträume werden wir mit den beteiligten Unternehmen, mit der Bundesanstalt reden müssen - das ist gar keine Frage. Aber wir wollen die (Fachkräfte) so rasch wie möglich bekommen, und zwar entsprechend dem Bedarf, der in den Unternehmen entsteht. Die Frage, woher sie kommen, ist wahrscheinlich zunächst einmal so zu beantworten, dass sie aus dem näher liegenden Ausland kommen werden. Es gibt hoch qualifizierte Kräfte - auch und gerade dort. Das also immer nur auf ein bestimmtes Land zu beziehen, geht an der Sache ein bisschen vorbei.

Wir wollen ohne irgendeine Verzögerung handeln. Wir bekommen innerhalb sehr kurzer Zeit die rechtlichen Rahmenbedingungen geregelt. Der Rest muss in Zusammenarbeit mit den Unternehmen geschehen. Vielleicht sagt Herr Staudt Ihnen etwas dazu.

Frage: Ist das Sofortprogramm ein Modellfall, der auch für andere Branchen denkbar wäre?

Bundeskanzler G. Schröder: Wir denken erst einmal daran, dass wir in dieser Wachstumstechnologie, die ja auch eine Querschnittstechnologie ist, ohne die auch andere Branchen überhaupt nicht mehr zurecht kommen - wenn Sie etwa an den Maschinenbau denken, weiss man, dass dort ohne Informations- und Kommunikationstechnologie nichts mehr läuft - das zunächst auf diesen Bereich beschränken wollen, weil wir hier einerseits den dringendsten Bedarf und zum anderen auch die größten ökonomischen Chancen sehen. Deswegen halten wir nichts davon, eine Debatte über alle möglichen Bereiche zu eröffnen, sondern wir wollen uns auf diesen Bereich konzentrieren, dort Erfolge erzielen, und dann wird man weiter sehen.

Frage: Gibt es schon überlegungen, an welche Bedingungen das geknüpft sein wird? Können die Familienangehörigen nachziehen? Wie lange dürfen die entsprechenden Fachkräfte hier in Deutschland bleiben?

Bundeskanzler G. Schröder: Wissen Sie, wir haben vor - das steht auch alles in dem Konzept, das Sie vielleicht nachlesen und was ich auch empfehle -, das zunächst für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren zu machen. Das ist nach unserer Auffassung ein vernünftiger Zeitraum, in dem sich auch hochmobile Menschen entscheiden können. Den Rest wird man sehen. Das ist nun wirklich Sache der Detailausarbeitung. Es ist nicht meine Sache, Ihnen das in allen Einzelheiten aufzubuchstabieren, wie diese Verordnung aussieht und wie das Verhältnis zwischen Arbeitserlaubnis und Arbeitsverordnung auf der einen Seite und Aufenthaltserlaubnis auf der anderen Seite ist. Es sind nun wirklich unsere Leute in den Ministerien dazu da, das zu regeln. Bitte sehen Sie mir das nach.

Frage: Welche Anstrengungen unternehmen Sie, eine Pflicht zur Lehrerfortbildung einzuführen?

Bundeskanzler G. Schröder: Ich selbst kann in dem Punkt wenig machen, weil, wie Sie wissen, die Lehrerausbildung und der Einsatz von Lehrern der Kulturhoheit der Länder unterliegt. Wenn ich jetzt anfinge, in die Kulturhoheit der Länder eingreifen zu wollen, wäre ein Projekt, das wir schnell umsetzen müssen, sehr schnell zerredet. Man muss aufpassen, dass das nicht passiert. Aber wir wissen, dass die Länder vermehrte Anstrengungen unternehmen müssen und wollen. Herr Ministerpräsident Clement hat z. B. darauf hingewiesen, dass sich in einem ersten Durchgang 20 000 Lehrerinnen und Lehrer in den IT-Berufen als Lehrer qualifiziert haben und jetzt dabei sind, sich weitere 20 000 vorzunehmen. Sie wissen auch alle, dass mit der Bereitstellung der Ausbildungsplätze natürlich die Zahl der Berufsschullehrer in diesem Bereich wird wachsen müssen. Das kommt auf die Länder zu. Aber wie sie das regeln, entscheiden sie in eigener Verantwortung. Da muss sich - das sage ich als ehemaliger Ministerpräsident - der Bundeskanzler raushalten. Er kann Appelle machen und Hinweise geben - das tut er auch -, aber entscheiden müssen das die früheren Kollegen.

E. Staudt: Vielleicht noch zu Ihrer Frage, ob die 20 000 ausreichen: Der Bedarf, den wir von der Industrie haben, ist enorm. Sie müssen sich immer vorstellen: 75 000 offene Stellen melden wir, die IT-Industrie. Wir wissen aber, dass unsere Kunden, die sich auch mit der gleichen Sparte beschäftigen, genauso viele Menschen brauchen, um ihre Programme zu entwickeln. In einer so schnelllebigen Zeit ist also der Bedarf, den wir melden, immer durch das zu verdoppeln, was wir auf der anderen Seite des Schreibtisches bei unseren Kunden erleben.

Wir würden natürlich gerne viele Menschen aus den Ländern begeistern, wo wir wie kein anderes Land investieren, und zwar bei unseren östlichen Nachbarn. Die Bundesrepublik Deutschland ist der größte Investor in diesen Bereichen. Es wäre für uns eine wunderbare Entwicklung, wenn es uns gelänge, auf Zeit Kollegen von diesen Ländern hereinzuholen, die dann wieder zurückgingen, unsere Zweigstellen dort drüben aufbauen, unsere Interessen nach draußen zu tragen und das Net-Working, das andere so glänzend machen, für uns tun. Es ist schön, wenn man Freunde auf diesen sich schnell entwickelnden Gebieten hat.

Bundeskanzler G. Schröder: Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das so zusammenfassen: Zur Zeit ist unheimlich viel an Veränderung in Deutschland - nicht nur dort, aber eben auch dort -, aber selten war auch gerade in diesem Bereich so viel Aufbruch. Das ist nicht zuletzt auf die Arbeit dieser Initiative D 21 zurückzuführen. Deshalb bin ich den beteiligten Unternehmen, aber auch denen, die aus der Gesellschaft heraus mitarbeiten, für diese Anstrengungen wirklich dankbar. Seien Sie sicher: Diese Anstrengung wird weitergehen. Wir wollen wirklich in diesem Bereich spitze werden. Ich bin sicher, wir werden es. - Vielen Dank!

 

Weitere Info enthält die Homepage der INITIATIVE D21.

 

 

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