Bundesministerium für Arbeit und Sozialen am 08.03.2005:
Zu dem
heute vom Kabinett verabschiedeten Rentenversicherungsbericht, dem
Alterssicherungsbericht und dem Lagebericht über die Alterssicherung der
Landwirte erklärt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales :
Ursprünglicher Termin für die Vorlage des Rentenversicherungsberichts,
des Alterssicherungsberichts und des Lageberichts über die
Alterssicherung der Landwirte war November letzten Jahres. Die neue
Bundesregierung hat inzwischen die Grundlinien ihrer Rentenpolitik
bestimmt. Ohne die nunmehr auf der Grundlage der Koalitionsvereinbarung
beschlossenen Maßnahmen hätten die Berichte den gesetzgebenden
Körperschaften keine zeitnahe und umfassende Einschätzung geben können.
Folgende Maßnahmen sind für die Finanzen der Rentenversicherung
maßgeblich:
Die Regelaltersgrenze wird angehoben. Das beginnt 2012, zwölf Jahre lang
mit der Anhebung um einen Monat pro Jahr von 65 auf 66 bis 2023 und dann
noch einmal sechs Jahre lang von 2024 bis 2029 mit der Anhebung um zwei
Monate pro Jahr von 66 auf 67. Ausnahme: Wer mindestens 45
Versicherungsjahre hat, kann auch nach 2029 mit 65 Jahren abschlagsfrei
in Rente gehen.
Die Rente mit 67 geht Hand in Hand mit einer nachhaltigen Verbesserung
der Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Bundesregierung wird mit einer Initiative 50plus alles tun, um die
Beschäftigungssituation für Ältere zu verbessern. Hier ist die
Unterstützung aller gefragt: Gesamtgesellschaft, Arbeitgeber,
Gewerkschaften.
Eine mögliche Rentenkürzung in diesem Jahr wird gesetzlich
ausgeschlossen. Auch in den weiteren Jahren der laufenden
Legislaturperiode soll es keine Rentenkürzungen geben. Mit dazu
beitragen wird, dass bei der Ermittlung von Lohnentwicklung und
Lohnsummen - die die Referenzdaten bilden für die Rentensteigerung -
zukünftig die Ein-Euro-Jobs nicht mehr einbezogen werden. Zusammen mit
der bestehenden Schutzklausel hinsichtlich der Dämpfungsfaktoren bei der
Rentenanpassung sind damit weitgehend Vorkehrungen gegen Minusrunden
getroffen. Im Hinblick auf die nachhaltige finanzielle Sicherung der
Rentenversicherung und die Einhaltung der Beitragssatzziele müssen aber
nicht realisierte Dämpfungen später, wenn bei der Anpassung
entsprechende Spielräume bestehen, nachgeholt werden. Diese Nachholung
soll jedoch nicht vor 2010 erfolgen. Weil sie im Bericht berücksichtigt
werden muss, ist sie dort modellhaft für die Jahre nach 2012 in mehreren
Schritte vorgesehen
Ab dem 1. Januar 2007 wird der Zahlbetrag für Empfänger von
Arbeitslosengeld II an die gesetzliche Rentenversicherung von derzeit 78
Euro/Monat auf 40 Euro/Monat reduziert. Gleichzeitig entfällt die
Versicherungspflicht für die Bezieher von Arbeitslosengeld II, die
daneben noch rentenversicherungspflichtig beschäftigt oder selbständig
tätig sind.
Die wichtigsten Ergebnisse des Rentenversicherungsberichts sind:
Durch das Vorziehen des Fälligkeitstermins für die
Sozialversicherungsbeiträge konnte der Beitragssatz auch in diesem Jahr
bei 19,5 % gehalten werden. Dadurch erzielt die Rentenversicherung
einmalig Mehreinnahmen von rd. 9,5 Mrd. Euro. Der
Rentenversicherungsbericht weist zum Jahresende 2006 eine
Nachhaltigkeitsrücklage von 5,2 Mrd. Euro entsprechend 0,33
Monatsausgaben aus. Ende 2005 waren nur 0,11 Monatsausgaben vorhanden.
Im kommenden Jahr steigt der Beitragssatz auf 19,9 %. Seit fast sechs
Jahren liegt er deutlich unter 20%. Das ist ein Erfolg. Das wollen wir
in dieser Legislaturperiode halten.
Wir stoppen die Dynamik der Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt an die
Rentenversicherung, ohne die Beitragssatz- und Niveauziele zu gefährden
und ohne das Ziel, auf Rentenkürzungen zu verzichten, in Frage zu
stellen. Die Erreichung dieser Ziele wird, soweit dies erforderlich sein
sollte, im Jahr 2008 durch einen Beitrag des Bundes sichergestellt. Ob
diese Erhöhung des Bundeszuschusses im Jahr 2008 erforderlich wird, kann
im Jahr 2007 vor dem Hintergrund der dann eingetretenen wirtschaftlichen
Entwicklung und im Zusammenhang mit der Aufstellung des Bundeshaushalts
2008 entschieden werden.
Der Rentenversicherungsbericht zeigt, dass die Zuwachsrate der
Bundeszuschüsse im Zeitraum 2005 bis 2009 mit jahresdurchschnittlich gut
1 % erheblich unter der Dynamik der vergangenen 10 Jahre von rd. 6 %
liegen wird.
Im langfristigen Zeitraum bis 2019 zeigt sich, dass sowohl der
Beitragssatz als auch das Sicherungsniveau vor Steuern die im Gesetz
vorgegebenen Grenzwerte von 20 % bzw. 46 % nicht verletzen.
Alterssicherungsbericht
Trotz der mit dem Rentenversicherungsbericht dokumentierten
Stabilisierung der ersten Säule ist klar, dass von der gesetzlichen
Rente alleine der Lebensstandard im Alter zukünftig nicht mehr gehalten
werden kann. Das ergibt sich aus der demografischen Entwicklung und
insbesondere aus der Relation von Beitragszahlern und Ruheständlern.
Dennoch bestätigen die Ergebnisse des Alterssicherungsberichtes 2005:
Die Menschen in Deutschland sind im Alter gut versorgt. Sie werden es
auch in Zukunft sein. Das in Deutschland verfolgte Konzept der
Alterssicherung ist erfolgreich.
Wie der Altersicherungsbericht zeigt, ist bei der Vielzahl von
Sicherungssystemen in Deutschland die gesetzliche Rentenversicherung
dominierend. Sie ist und bleibt das wichtigste Alterssicherungssystem
für die Bevölkerung.
In den neuen Ländern resultieren die Alterssicherungsleistungen fast
ausschließlich aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Dagegen
kumulieren in den alten Bundesländern Leistungen aus den verschiedenen
Systemen, wobei auch hier das Gros der Leistungen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung stammt. Zu berücksichtigen ist dabei: mehr als ein
Drittel aller Bezieherinnen von eigenen Leistungen erhalten zusätzlich
Hinterbliebenenleistungen.
Das Gesamteinkommen im Alter ergibt sich jedoch erst, wenn neben den
Alterssicherungsleistungen noch zusätzliche Einkommen berücksichtigt
werden. Im Ergebnis erreichen Ehepaare ein durchschnittliches
Netto-Gesamteinkommen in Höhe von fast 2.200 Euro im Monat.
Alleinstehende Männer erzielen im Durchschnitt knapp 1.500 Euro und
Frauen rund 1.200 Euro.
Die private Vorsorge wird zukünftig eine größere Rolle spielen müssen.
Die Berechnungen im Alterssicherungsbericht zeigen, dass der gewohnte
Lebensstandard aufrecht erhalten werden kann, wenn entsprechend Vorsorge
getroffen wird. Das Gesamtversorgungsniveau aus einer gesetzlichen
Rente, einer Riester-Rente und zusätzlicher privater Vorsorge bleibt
für einen Durchschnittsverdiener langfristig stabil. Für Geringverdiener
wird das Netto-Gesamtversorgungsniveau langfristig sogar ansteigen. Vor
allem werden Personen mit Kindern künftig spürbar besser gestellt.
Voraussetzung ist: Die Menschen müssen zusätzlich privat für ihr Alter
vorsorgen.
Die "Riester-Rente" gewinnt an Fahrt. Im Jahr 2001 lagen nur 1,4
Millionen Verträge über private Altersvorsorge vor. Allein im Jahr 2005
haben jedoch ca. 1,5 Mio. Bürger einen neuen Riester-Vertrag
abgeschlossen. Inzwischen sorgen 5,6 Mio. Menschen so für ihr Alter vor.
Erste Zahlen für 2006 deuten an, dass sich dieser Aufwuchs fortsetzt. Um
sie zu beschleunigen und um insbesondere Familien mit Kindern besonders
zu fördern, wird die Bundesregierung die Kinderzulage im Rahmen der
Riester-Rente für ab 1. Januar 2008 geborene Kinder von 185 Euro auf 300
Euro erhöhen. Daneben ist im Koalitionsvertrag eine engere Verzahnung
der Riester-Rente mit der Schaffung von Wohneigentum festgelegt worden.
Daran wird gearbeitet.
Die Betriebsrente spielt im Zusammenhang mit der zusätzlichen
Altersvorsorge eine zunehmend bedeutendere Rolle. Der Anteil der
Beschäftigen in der Privatwirtschaft mit einer Anwartschaft auf
Betriebsrente ist allein im Zeitraum von Beginn 2002 bis Juni 2004 von
38 % auf 46 % gestiegen. Zwischen Januar 2002 und Juni 2004 führten etwa
eine halbe Million Betriebe eine Zusatzversorgung neu ein oder bauten
ihre bestehende Zusatzversorgung aus. Zusammen mit den Beschäftigten,
die bei Trägern des öffentlichen Dienstes versichert sind, hatten Mitte
2004 15,7 Mio. Beschäftigte, das sind ca. 60 % der
sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, Anspruch auf eine
Betriebsrente.
Lagebericht über die Alterssicherung der Landwirte 2005
Neben Rentenversicherungsbericht und Alterssicherungsbericht wird auch
der Lagebericht über die Alterssicherung der Landwirte vorgelegt. Dieses
Sondersystem wird geprägt durch ein weiteres Absinken der Zahl der
Beitragszahler und damit rückläufigen Beitragseinnahmen als Folge des
anhaltenden Strukturwandels in der Landwirtschaft. Aufgrund der
Koppelung der Anpassungssätze an die der gesetzlichen Rentenversicherung
steigen die Rentenausgaben aber nur maßvoll an. Die Maßnahmen wirken
hier daher automatisch. Die Defizithaftung des Bundes sorgt dafür dass
die Beitragszahler nicht zu stark belastet werden.
Zusammenfassung
Die Berichte zeigen, dass die Alterssicherung in Deutschland auf dem
richtigen Weg ist. Hierzu wird die geförderte private Zusatzvorsorge
einen immer wichtigeren Beitrag leisten.
Die gesetzliche Rentenversicherung bleibt weiter die zentrale Säule der
Alterssicherung. Wenn sich die Rahmenbedingungen in Zukunft erneut
verändern, wird sich auch die gesetzliche Rentenversicherung anpassen.
Diese Anpassungsfähigkeit, die die Rente in der Vergangenheit immer
wieder unter Beweis gestellt hat, ist auch künftig ihre Stärke.
Dazu gehört aber auf der anderen Seite, dass sich die
Beschäftigungssituation der Älteren verbessert. Hier sind neben der
Politik vor allem die Sozialpartner gefragt. Insgesamt muss das
Bewusstsein in der Gesellschaft wachsen, dass ältere Arbeitnehmer auf
ihre Weise genauso leistungsfähig sind wie die Jüngeren.
Mit einer verbesserten Beschäftigungssituation wird es allen möglich
sein, mit der gesetzlichen Rente sowie der zweiten und dritten Säule der
Altersvorsorge einen angemessenen Lebensstandard zu bewahren. Die
staatliche Förderung trägt dazu entscheidend bei.